In Smolensk machte sich Bella nach heißem Wasser auf und verpasste fast den eigenen Zug. Es gab einen Bombenangriff, nach dem die Fahrtrichtung geändert wurde. Der Zug, der in die Hauptstadt nicht gelangen konnte, setzte seine Fahrt in den Saratower Verwaltungsbezirk fort.
Vom 4. Juli bis zum 14. August 1941 arbeitete Bella als Sekretärin in der Kolchose «20 Jahre Oktober» im Bezirkszentrum Kistendej, dann im nahegelegenen Dorf Durasowka, wohin aus Moskau auch Rimma, die Schwester, kam, um dort Französisch zu unterrichten. Bella selbst wurde Sekretärin in der Durasowker Kolonie für psychisch Kranken und erlebte mit ihren Insassen alle Höllenquallen. Eines Tages fuhr sie mit paar psychisch erkrankten Patienten auf einem von zwei Ochsen gezogenen Fuhrwerk in den Wald, um Holz zu holen. Plötzlich gehorchten die Ochsen nicht, die Stimmung bei den Patienten war verdorben und sie wurden unruhig. Es war schrecklich, doch ging es alles gut aus, Gott sei Dank.
1942 wurde Bella zusammen mit Mutter und Schwester nach Ischewsk versetzt. Dorthin wurde die Moskauer Staatliche Technische Universität, wohin noch in Moskau Bellas Papiere für die Immatrikulation von Rimma abgegeben wurden. Dort, in Ischewsk, fang sie an, gleichzeitig zu studieren und als Laborantin zu arbeiteten. Alle drei Frauen fanden Arbeit in einem Wohnheim für ehemalige Verbrecher, wo sie auch wohnen durften: Die Mutter bekam die Stelle als Hausverwalterin (alle für die Mutter obliegenden physischen Arbeiten verrichteten die beiden Töchter für sie heimlich nachts), die Schwester konnte als Erzieherin dort arbeiten und Bella als Bibliothekarin. Sie wohnten zu dritt in einem kleinen Zimmer und bedankten sich jeden Tag bei Gott dafür, dass keine von ihnen drei getötet wurde. Morgens ging Bella an die Universität.
Марк и Белла Полян с сыном (1957)/ Mark und Bella Polian mit dem Sohn (1957)
Марк и Белла Полян с сыном и невесткой Соней (сер. 2000-х)/Mark und Bella Polian mit dem Sohn und Schwägerin Sonja (Mitte 2000er)
Am 17. Juni 1943 kehrte Bella mit der Universität nach Moskau zurück. Die Mutter und Rimma folgten etwas später ihr nach. Hier begann ein neues Ungemach – mit der festen Anmeldung in der Stadt. Bella wurde in Moskau als Studentin angemeldet, Rimma wurde von einer Verwandten bei sich angemeldet, zwar kostenpflichtig, aber dafür durfte Rimma in Moskau bleiben. Nur die Anmeldung von Mutter gelang trotz aller Anstrengungen nicht und ohne Anmeldung durfte sie nicht bleiben und darüber hinaus gab es für Mutter keine Brotkarte. So lebten alle drei vorübergehend nur von einer Brotkarte – Bella's Studentenkarte!