Mark und Bella Polian, die gegen Mitte der 1990er in den Ruhestand gingen, beschlossen sich den Freiburger Polians anzuschließen. Am 2. November 1998 überquerten sie die deutsche Grenze. Freiburg und die Freiburger Gemeinde hatten sie schon erwartet.
Die Jahre, die sie in Deutschland verbrachten, waren, ihrer eigener Meinung nach, vielleicht die besten des ganzen Lebens. Der ruhige und geregelte Tagesablauf ohne Notwendigkeit irgendetwas zu organisieren und zu beschaffen oder Vorräte anlegen zu müssen, königliche Medizin, früher gar nicht vorstellbare Reisen durch Deutschland und europäische Länder, Nähe zum einzigen Sohn und seine Familie – alles verschaffte Gemütlichkeit und ein Gefühl der Lebensqualität, wenn auch im fortgeschrittenen Alter. Die Mutter sprach ein wenig Deutsch, der Vater lernte eifrig, jedoch ohne abschließenden Erfolg. Der in Russland noch völlig sekulär gelebte Mensch, liebte Mark im höheren Alter in die Synagoge zu gehen. Er ließ (von Tagen, an denen er krank war, abgesehen) fast keinen Gottesdienst aus, wiederholte nach dem Kantor oder Rabbiner unverstandene Worte oder Sätze und baute irgendwie seine eigene und nur ihnen beiden verständliche Beziehung zum jüdischen G-tt.
Am 2. Oktober 2011 verstarb Mark Pawlowitsch Polian, und am 30. Oktober 2012 auch Bella Markowna. Ihr Grab aus hellem rosafarbenem Sandstein auf dem Freiburger Jüdischen Friedhof ist das erste, auf dem die Namen auch in russischer Sprache eingemeißelt sind.