Еврейские судьбы: Двенадцать портретов на фоне еврейской иммиграции во Фрайбург | страница 67



In Amerika machte der Vater Abitur, und nach seiner Rückkehr wurde er in den Studiengang Funktechnik am Institut für Technologie immatrikuliert. Aber er brach das Studium ab, denn er spürte keine Neigung zum Beruf.

Es zog ihn auf die Bühne. Als er bei einem Wettbewerb für Unterhaltungskünstler den ersten Platz gewann, wurde ihm die Stelle als Conférencier beim Verband der staatlichen Kleinkunstbühne Leningrad angeboten. Das Pech war nur, dass… sein leiblicher Vater ihn nach dieser Rochade vor die Tür setzte!

Als der Vater heiratete, akzeptierte seine Familie die Schwiegertochter – eine Schlagersängerin – nicht. Und nur als im Juni 1933 Nelli das Licht der Welt erblickte, kam die Oma, schaute auf die Stumpfnase ihrer Enkeltochter und meinte: «Sie ist die Unsrige!» Und die Pozner-Lopatnikows wurden verziehen.

Nun ein paar Worte zum halsstarrigen Opa Pozner. Er war bei weitem nicht immer ein solcher «Mann von Stahl und Eisen». Dieser begabte Erfinder landete einmal in Krakau, wo die Oma – ein bildschönes Mädchen – lebte. Dort verliebte er sich in sie besinnungslos und machte ihr einen Heiratsantrag. Aber ihre Eltern lehnten ihn ab. Sie meinten, sie könnten für eine solche Schönheit einen wohlhabenderen Ehemann wählen. Dennoch erlaubten sie der Tochter, mit dem missmutigen Bewerber zum Bahnhof zu fahren: Er wollte nach Sankt-Petersburg. Aber sie hatte auch Gefühle für den Mann entwickelt und brach daher am Bahnhof in Tränen aus. Dann sagte der Opa: «Sehen Sie… Ich habe eigentlich zwei Fahrkarten». Und die Oma stieg mit ihm zusammen in den Zug ein und musste dies nie bereuen. So war das!..

Die Geschichte der Lopatnikows, der Verwandten mütterlicherseits, ist nicht minder interessant. Der Urgroßvater war noch Leibeigene und dabei ein sehr begabter Maler. Sein Leibherr, ein Demidow aus dem Gouvernement Pskow, bemerkte das und ließ ihn nach Paris und Italien reisen, damit er sich in der Malerei und Holzschneidekunst ausbilde. Nach zwei Jahren kehrte der Urgroßvater zurück und schnitzte ein prachtvolles Möbelset aus Eiche für die Bibliothek seines Leibherrn, so dass dieser dem Ahnen einen Freibrief ausstellte. Er kam mit der Urgroßmutter nach Petersburg und gründete ein Artel. Im prachtvollen Esszimmer des Journalistenhauses in der Bolschaja Morskaja Straße (ehemalige Stadtvilla des Großfürsten Wladimir) kann man heute noch die von ihm geschnitzten Panneaus aus Eichenholz mit Festons, Obst usw. bewundern. Sie tragen das Brandmal des Urgroßvaters: «Holzschnitzerei des Artels von Nikiforow und Lopatnikow».