Еврейские судьбы: Двенадцать портретов на фоне еврейской иммиграции во Фрайбург | страница 20



Und dann ging es los – eine Familie nach der anderen: Ingenieure, Lehrer, Buchhalter – alle möglichen Leute! Eines nach dem anderen füllten die Juden Wohnheime in Freiburg und Umgebung (Kenzingen, Weil, Rheinfelden, Rheinweiler, Bad-Krozingen). Einem quellten damals natürlich fast die Augen aus den Höhlen, aber dank der Unterstützung durch die Stadtbehörden wurden nach und nach neue Wohnungen gefunden (die französischen Kasernen wurden eben frei) und andere Fragen geklärt, vor allem Status– und Visafragen. Eine große Hilfe war der Gemeindebus, mit dem alle Willigen zum Gebet, zum Einkaufen und zu den Stadtämtern gebracht wurden.

Für Teschemacher selbst bestand die Schwierigkeit darin, dass er bis 1996 die Tätigkeit in der Gemeinde mit der Arbeit an der Schule kombinierte. Der Arbeitstag dauerte nahezu rund um die Uhr!.. Allerdings war diese Arbeit inspiriert und gottgefällig: nicht nur die soziale Arbeit, sondern auch das Kulturleben (Konzerte, Ausstellungen, Arbeitsgemeinschaften, Aufstockung der Bibliothek) in der Gemeinde wurden auf ein neues Niveau erhoben.

Selbstverständlich war bei weitem nicht alles erfreulich. Einmal ging Klaus zusammen mit einer Familien in ein Lebensmittelgeschäft und war erschüttert, als er sah, dass diese Leute Schweinewurst kauften. Das war ein traumatisches Erlebnis für ihn, aber dadurch begann er das Phänomen «sowjetische Juden» besser zu verstehen.

Übrigens wurde die Kaschrut in der Gemeinde Freiburg streng genommen nicht eingehalten. Die nächst gelegenen koscheren Läden befanden sich in Straßburg und Basel und waren extrem teuer. Die Freiburger Gemeinde konnte sich koschere Würstchen nur einmal im Jahr, zu Rosch Haschana, leisten. Aber sogar damit gab es Schwierigkeiten – einmal wollten die Schweizer Grenzbeamten die Würstchen nicht über die Grenze durchlassen. Man hat sie damals mit großen Mühen «verteidigt»…

Nicht nur Neuankömmlinge, sondern auch Alteingesessene machten Teschemacher das Herz schwer. Viele von ihnen zischelten über die Neulinge: «Sie kennen die Religion nicht. Sie beherrschen die Sprache nicht. Sie überfluten unser Land!..» Solchen Empörten rieb Teschemacher ihre eigene – von ihnen bereits vergessene – Migrantenvergangenheit gerne unter die Nase (selbst unter den alten Gemeindemitgliedern gab es nur wenige uransässige Freiburger Juden).

Probleme bereiteten auch die neuen Mitglieder: Einer von ihnen war besonders aktiv und schlug vor, für ihn bei den Wahlen zu stimmen und falls er gewählt wird, wird er jedem seinen Wähler 3500 DM geben (er war überzeugt, durch die Gemeinde sollen Millionen fließen). Gewählt wurde er nicht, so suchte er sein Glück woanders: Versicherungen.